kalligrafie

Richard Jethons bildschöne Einträge ins Goldene Buch


Für besondere Gäste in Bad Soden am Taunus ist es eine Ehre, sich ins Goldene Buch der Stadt einzutragen. Der schwere Band wird zu besonderen Anlässen aus dem Schrank geholt. Der Gast greift zum Füller und trägt sich im Beisein des Bürgermeisters mit seinem Namen ein. Dabei fällt den Betrachtern auf, wie kunstvoll geschwungen bereits vorab Anlass, Verdienste und Titel des Geehrten eingetragen sind. Diese ebenso eleganten wie gleichmäßigen Buchstaben hat Kalligraf Richard Jethon auf das edle Papier gezeichnet; der Künstler ist ehemaliger Mitarbeiter der Stadt Bad Soden am Taunus. 

Von 1992 bis zu seinem Ruhestand im Jahr 2008 hat er in der ehemaligen Abteilung Stadtplanung in der Neuenhainer Verwaltungsstelle gearbeitet. Bis zu seiner Anstellung in der Stadtverwaltung hatte er schon einige abwechslungsreiche Orte und Stationen auf seinem privaten und beruflichen Weg durchlaufen. In St. Pölten in Österreich geboren, floh seine Familien Ende des Zweiten Weltkriegs nach Pommern, zog später um nach Niederschlesien. In Breslau studierte er Architektur, arbeitete in Bunzlau, ging mit Frau und Sohn für eine halbes Jahr als Stadtplaner in den Inselstaat São Tomé und Príncipe. Danach übte er seinen Beruf in Bayern und in Darmstadt aus, bevor er zur Bad Sodener Stadtverwaltung kam. 

Gute Gene 

Sein großes Talent zum Freihandzeichnen entdeckte der während seines Architekturstudiums, als er sich mit verschiedenen Zeichentechniken beschäftigte. So entstand eine lebenslange Passion. Er verfügte wohl einfach über gute Gene von seinem musizierenden und malenden Vater. Und heute setzt Enkelin Julia diese Tradition fort. Wie ihr Opa malt auch sie gerne mit Öl-, Aquarell- und Pastellfarben. 

Viele Besucher im Bad Sodener Rathaus haben schon ein bekanntes Bild von Richard Jethon gesehen, ohne es mit ihm in Verbindung zu bringen: Im Sitzungssaal im zweiten Obergeschoss zieren die „Bad Sodener Impressionen“ auf 1,3 mal 2,5 Meter eine ganze Wand. „Das war eine aufregende Zeit“, erinnert sich der heute 82-Jährige, „wie ich das Bild im Jahr 2002 über mehrere Wochen jeweils nach Dienstschluss im Neuenhainer Sitzungszimmer gemalt habe.“ 

Über die Jahre ist das malerische Werk Richard Jethons Stück für Stück angewachsen – darunter viele Bad Sodener Motive. In der Gruppenausstellung „Bad Soden im Blick“ waren etliche seiner Bilder im vergangenen Jahr in der Stadtgalerie im Kulturzentrum Badehaus zu sehen. In der heimischen Wohnung verschönern selbst gemalte Landschaften, Porträts und Stillleben das Interieur. 

Mit der Feder 

Seine kalligrafischen Einträge für das Bad Sodener Goldene Buch und seine gemalten Bilder entstehen am heimischen Wohnzimmertisch, wo der Lichteinfall durchs Fenster zum Arbeiten optimal ist. Hier findet er die nötige Ruhe. Für den Eintrag ins Goldene Buch greift er erst zum Bleistift, zieht Hilfslinien, nimmt dann die Feder in verschiedenen Stärken und unterschiedlichen Farbpatronen und malt Buchstabe für Buchstabe aufs Papier. Auch wenn Betrachter es kaum glauben, versichert Richard Jethon: „Alles ohne Schablone geschrieben, nur mit ruhiger Hand.“ 

Bad Soden eng verbunden 

Wenn am ersten Mai-Wochenende der Bürgermeister von Rueil-Malmaison, Patrick Ollier, zum Partnerschaftsjubiläum nach Bad Soden am Taunus kommt, wird auch er sich ins Goldene Buch eintragen. Für Richard Jethon ist es jedes Mal eine Freude und Ehre, vorab und ohne Bezahlung den Eintrag in den gewichtigen Folianten zu fertigen. „Für meinen ehemaligen Arbeitgeber mache ich das doch besonders gerne“, sagt er bescheiden. 

Auch wenn er sich mit seiner Frau Maria zu Beginn des Ruhestands in Frankfurt niedergelassen hat, bekennt er aufrichtig: „Meine enge Verbundenheit mit Bad Soden ist bis heute geblieben.“


(Foto oben: Richard Jethon, der Kalligraf – „Schönschreiber“ – für das Goldene Buch der Stadt Bad Soden.)

Die „Bad Sodener Impressionen“ zieren das Sitzungszimmer im Rathaus.





Schon vor zehn Jahren trug sich der Bürgermeister aus Rueil-Malmaison ins Goldene Buch ein.